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Neufitagebuchteil 5 Bürsten

Ich bin schweißgebadet, von Kopf bis Fuss voller langer, schwarzer Haare, es kribbelt in meinem Nacken und ich muss andauernd niesen. Nein; ich bin kein fiebernder Neandertaler mit Asthma, sondern ich habe gerade mit meinen beiden Neufundländern Fellpflege betrieben, d.h. ich habe sie gebürstet.

Während Thula, unser Mädchen, alles gottergeben über sich ergehen lässt (das schlaue Ding hat schon lange begriffen, dass nach der Bürsterei das Leckerli kommt, meist in Form eines dicken Rinderknochens), ist unser Rüde weitaus anstrengender zu pflegen.

Zum ersten ist sein Haarkleid viel länger und dichter, zum anderen ist er noch viel zu verspielt, auch mit einem Jahr noch. Wie lange hat es gedauert, ihm klarzumachen, daß dieses silberne, stachelige Ding nicht zum Fressen da ist? Und als er begriffen hatte, das die Bürste kein Jagdobjekt, sondern geduldig im Pelz zu ertragen ist, versuchte er mich mit Zappeleien, Gequieke und wildem Gehechel von meinem Vorhaben abzubringen.

Mittlerweile hat Sandmann wohl erkannt, dass ein frisch gekämmtes Fell sich durchaus gut anfühlen kann, aber die Piesackerei, bis es soweit ist, gefällt ihm noch immer nicht. Was für ein Wunder! Sandmann macht nicht nur seinem Namen in Bezug auf kleinste Quarzobjekte seine Ehre, er trägt auch ständig Moos, kleine Hölzchen, Blätter oder Blümchen mit sich herum, je nachdem, wo er zuletzt gewesen ist. Vorzugsweise bunkert er diese Souvenirs in den langen Haaren an der Rückseite der Vorderbeine, also dort, wo ein Mensch seine Ellenbogen hätte oder gerne auch in der schönen puscheligen Rute. (Den menschlichen Vergleich spar ich mir da jetzt. ;O)) Natürlich ziept es an diesen empfindlichen Stellen auch mal ziemlich, Sandmann quittiert das mit einem vorwurfsvollen Blick und einem beherzten Haps in eben erwähntes Pflegeutensil. Gerne verschlingt er auch die soeben ausgebürsteten Fellknäule. Dies sollte man tunlichst verhindern, denn entweder säuft das Tier im nachhinein fünf Liter Wasser zusätzlich zu seiner üblichen Tagesration oder es gibt die Fellteile samt Mageninhalt zu einer möglichst unpassenden Gelegenheit wieder frei. Um sich das zu ersparen, bewährt sich ein kleiner Eimer, oder wenigstens eine Tüte um die erbeuteten Haare sicher zu verwahren. Wer nun aber glaubt, die ausgekämmten Haare lassen sich so mirnichtsdirnichts dort ablegen, wird enttäuscht werden. Hundehaare haben eine ganz eigene Vorstellung von Existensberechtigung. Wenn sie schon nicht mehr das Fell ihres ursprünglichen Wirtes zieren können, so probieren sie zunächst auf dem Herrchen oder Frauchen, das den Hund kämmt, ein neues Leben anzufangen. Sollte dieses nicht gelingen, genießt man die neue Freiheit und schwebt von hinnen, wohin auch immer. Selbst eingefleischt Halter von Langhaarmodellen wundern sich, wie die Hundehaare ins Schlafzimmer gelangen, wo dieses doch im ersten Stock liegt und noch nie ein Hund seine Pfote dorthin gesetzt hat. Oder doch?

Nun, zurück zu der Tüte. Wenn man ein schnelles Erfolgserlebnis haben will, schrubbt man mit der Bürste zwei, drei Mal über den langen Rücken und schwupps, ist die Tüte schon fast voll. Unsere beiden Schwarzkopfschafe werden blass vor Neid, wenn wir die Neufis bürsten. Sie liefern nur einmal im Jahr ein paar Pfund Wolle, aus einem Neufundländerpelz könnte man bestimmt 10 Pullover Stricken und das alles ohne Schermaschine! Ein, zwei Mal mit der Bürste drüber und das erste Knäuel Wolle ist fertig. Und dann geht es ans Eingemachte, die schönen verfilzten Stellen hinter den Ohren, am Hals, wo das Halsband schubbert, unter dem Bauch, wo Hund mega kitzelig

ist und an den Läufen bzw am Popo, wo es mörderisch ziept. Hier muss man sich schon etwas einfallen lassen, um die Haarpracht zu entwirren. Alles kein Problem sagen Sie? Man stelle sich eine durchschnittliche Mitbürgerin vor, 1,63 m groß und 55 kg schwer. So spricht das statistische Bundesamt über die deutsche Din-Frau, die es so ja natürlich nicht gibt. Trotzdem, umgewandelt auf eine Neufidame bleiben die 55 kg zwar aktuell, die Schulterhöhe beträgt jetzt nur noch 65 cm und die Fläche der zu behandelnden Haare, nun die können Sie sich selber ausrechnen. Dabei hat der Hund den unglaublichen Vorteil, dass das Fell erstens selbstreinigend ist du zweitens aus zwei Schichten besteht. Haare waschen wie beim Homo sapiens ist lediglich erforderlich, wenn sich Modell Hund in Eselscheiße oder Aas gewälzt hat, ansonsten liegt der Sandberg nach verrichtetem Nickerchen in der Diele oder an welchem Schlafplatz auch immer. Zwei Haardecken lassen den Hund nach außen IMMER gut aussehen, den Filz und die Knoten und das ganze andere Wirre Zeug sieht man nur bei genauem „Hinfühlen“. Bei mir ist es genau andersherum. Haare waschen tu ich andauernd, auch ohne Parfümierung durch erwähnte Optionen und wenn meine „unteren“ Haare nicht sitzen, rettet das die „oberen“ auch nicht. Da nützt Bürsten auch nichts. Im Gegenteil.

Ich habe jetzt aber ein neues Leckerli aus Mexiko mitgebracht, kleine, getrocknete Fische. Darauf sind die Hunde so scharf, sie würden mit der Bürste in mein Büro kommen, wenn sie könnten. Ich hoffe, die Dinger reichen, bis ich das nächste Mal dort hinfliege…

© Kathrin Leineweber Juli 2007

 

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